Die Kunstreise des dritten Jahrgangs A der Kunstschule Herbststrasse 2025
Die Zugfahrt von Wien in die Hauptstadt Sloweniens, Ljubljana, war eine heiße und lange Reise. Wir saßen aufgeteilt zu sechst in vier Abteilen – kleine Grüppchen, die schwitzend den hochsommerlichen Temperaturen trotzten. Der Schweiß tropfte uns von der Stirn. Nach sechs elendsheißen und langgezogenen Stunden erreichten wir endlich Ljubljana. Die Sonne prallte auf unsere verschwitzten Gesichter.
Unser Hostel Celica war ein ehemaliges K.&K.-Gefängnis mit dunklen Geschichten aus der Zeit der italienischen Okkupation Sloweniens. Es lag mitten in einem heute besetzten Stadtviertel. Die umliegenden Häuser waren alt und mit Graffiti übersät – sie erinnerten ein wenig an Berlin.
Gleich am ersten Tag starteten wir mit einem Graffiti-Workshop durch die Stadt. Die Workshopleiterin erzählte von der bedeutenden Geschichte des Street Art in Ljubljana und regte uns zum Nachdenken darüber an, was Kunst eigentlich ist – und was nicht. Die Stadt ist reich an Kunst. Jeden Tag besuchten wir neue Museen, Ateliers und Workshops. Die Vielfalt der unterschiedlichen Kunstrichtungen faszinierte uns: Von Keramik bis Modedesign, von Mosaik bis hin zu digitalen Videospielen – wir bekamen einen beeindruckenden Einblick in die kreative Szene.
Eine Künstlerin, die uns besonders beeindruckte, war Dragica Čadež, die seit über 60 Jahren als Keramik- und Holzkünstlerin arbeitet. Ihr Atelier war klein, kaum größer als ein Kinderzimmer, aber die Regale waren bis unter die Decke voll mit Tonfiguren. Ihre Plastiken zeigten langgestreckte, gesichtslose Gestalten – auf ihrer Oberfläche konnte man noch die Fingerabdrücke der älteren Frau erkennen. Mit leuchtenden Augen erzählte sie uns von ihrer Arbeit. Sie strahlte, wenn wir Fragen zu ihren Techniken und Arbeitsprozessen stellten. Der Besuch bei ihr fühlte sich originell und authentisch an. Sie inszenierte sich nicht – sie präsentierte uns stolz ihre Kunst, ließ uns in ihren Büchern blättern und spüren, wie wichtig ihr diese Arbeit ist. Wir standen gebannt in ihrer stillen Kunsthöhle und hörten aufmerksam zu.
Nicht weit von der besetzten Szene liegt das Center Rog. Früher ebenfalls besetzt, ist die ehemalige Fahrradfabrik heute ein riesiges Kreativzentrum mit Werkstätten für verschiedenste künstlerische Techniken – angeblich sogar das größte Europas. Dort teilten wir uns in Gruppen auf: Einige lernten, wie man Kerzenständer aus Metall herstellt – inklusive Schweißen –, andere fertigten Ringe oder experimentierten mit Glas, um Anhänger zu gestalten. Die jungen Mentor*innen im Rog waren motiviert und geduldig. Sie erklärten die Arbeitsschritte mit Präzision und ließen uns dann selbstständig arbeiten.
Auch außerhalb des Programms gab es viel zu entdecken. Die Altstadt war voller spannender Architektur – besonders geprägt von Barock und Jugendstil.
Abends hatten wir stets Zeit, um Ljubljana auf eigene Faust zu erkunden. Die Stadt ist klein, alles ist zu Fuß erreichbar. Wir ließen uns von den kulinarischen Angeboten überraschen, saßen am Flussufer und lachten viel miteinander. Die heiße Tagesluft kühlte abends etwas ab und bescherte uns angenehm milde Sommernächte.
Unser Hostel war ein willkommener Rückzugsort – hier spielten wir Werwolf und kochten gemeinsam. Die Community rund um unser Hostel Metelkova war voller Kunst und Street Art. Am Sonntag nahmen einige von uns an einem Schmiede-Workshop teil und bekamen einen ersten Einblick in dieses traditionelle Handwerk.
Doch etwas fehlte uns: Wasser. Deshalb fuhren wir am vorletzten Tag mit dem Bus nach Bled, einem wunderschönen See inmitten der Berge. Das Wasser war tiefblau, wir ließen die Füße darin baumeln und beobachteten die Enten. Es war der perfekte Abschluss eines großartigen letzten Tages – einer unvergesslich schönen Kunstreise des dritten Jahrgangs A der Kunstschule Herbststrasse, begleitet von den tollen Lehrern Herr Dörler und Herr Reumann.
Der Abreisetag war noch mit zwei Ausstellungsbesuchen gefüllt. Zuerst sahen wir ein Videospielprojekt des jungen Künstlers Neo Nor, am Nachmittag besuchten wir eine Ausstellung von Kunststudierenden. Danach ging es Richtung Bahnhof – und unsere Reise endete mit einer weiteren sechsstündigen Zugfahrt zurück nach Wien.
Antonio Gaind und Lenya Michahelles